Naestved, St. Peders-Kirke

NeubauNaestved, St. Peders-Kirke

Erbaut 2015, Hermann Eule Orgelbau - opus 678, II + P/39 (davon 4 Extensionen + 2 Transmissionen)

  • Naestved
  • - 2015
  • Neubau

Prospektblatt Eule-Orgel in Naestved

 

Ursprünglich war ein durchgreifender Umbau und Erweiterung der jetzigen Marcussen-Orgel von 1960 vorgesehen. Bei der Untersuchung dieser Orgel im Januar 2009 stellten wir jedoch fest, dass es sich um ein für seine Zeit sehr charaktervolles und solide gebautes Instrument handelt. Wir konzipierten daraufhin unser Konzept so, dass die Marcussen-Orgel als klangliches und technisches Denkmal behandelt werden soll, ihr Charakter erhalten bleibt und die Erweiterungen möglichst reversibel gestaltet werden sollen. Die Ergänzung des Gehäuses sollte im Stil der vorhandenen Gehäuseteile erfolgen. Wir sind sehr froh, dass sich der Gemeinderat der St. Peders Kirke nach mehreren Gesprächen und Beratungen mit uns entschlossen hat, von einem Umbau gänzlich abzusehen und für die Marcussen-Orgel als Gesamtheit einen neuen Standort zu finden. Für die St. Peders Kirke sollte eine ganz neue Hauptorgel gebaut werden, die von vornherein für die geplanten neuen musikalischen Aufgaben konzipiert wird und diese somit viel besser erfüllen kann.

Ziel war eine Orgel, die Musik ab der Zeit Bachs bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen gut darstellen kann, mit einem Schwerpunkt auf romantischer Orgelmusik und natürlich der Begleitung des Gottesdienstes und der Liturgie in allen Facetten. Außerdem sollte eine neue Empore und Zugang für den Chor entstehen.

Für diese Zielstellung schienen uns als ideales Vorbild die Orgeln Friedrich Ladegasts aus dem mitteldeutschen Weißenfels geeignet. Ladegast (1818-1905) wirkte im mitteldeutschen Raum – der Region, in welcher bedeutende Orgelkomponisten wie J. S. Bach, J. L. Krebs, F. M.-Bartholdy, Franz Liszt, Julius Reubke, Gustav Merkel und Max Reger tätig waren. Ladegast schuf einen überaus charakteristischen Orgeltyp: Dessen Kern ist die klassische Hochbarockorgel aus der Schule Gottfried Silbermanns; um diesen herum legte er ein ausdrucksvolles, dynamisches Ensemble romantischer Klangfarben. Es entstand eine überzeugende Synthese aus Barock und Romantik, die musikalisch eine große Bandbreite an Musik von Bach bis zur Romantik zulässt und ideal ist für den evangelischen Gottesdienst.

Dabei ging es uns nicht darum, ein konkretes historisches Instrument nachzubauen, das schon einmal irgendwo gebaut wurde. Vielmehr sollte eine neue Orgel entstehen, die klanglich den Geist und den Stil von Friedrich Ladegast in idealer Weise umsetzt – quasi eine Hommage an diesen faszinierenden Orgelbauer. Unser Dispositionsvorbild waren die großen zweimanualigen Orgeln des Meisters (z.B. Hohenmölsen (als einzige erhalten), Memel, Langenau, Görlitz (Dreifaltigkeitskirche), Hamburg-Eilbeck, Schwerin (Hoftheater) und Limbach-Oberfrohna). Musikalische Anregungen haben wir auch aus den mittelgroßen dreimanualigen Orgeln aufgenommen (z.B. Schulpforte, Weißenfels, Wittenberg, Polditz, Rudolstadt, Mittweida), z.B. das Schwellwerk oder bestimmte charakteristische Register. Aus den variierenden und sich auch stilistisch entwickelnden Dispositionen Ladegasts haben wir eine „ideale“ Ladegast-Disposition extrahiert. Dazu haben wir auch Klangfarben einbezogen, die Ladegast später oder früher gebaut hat oder in größeren Orgeln, die jedoch für ihn sehr typisch sind (z.B. Aeoline 16′ und Unda maris in den früheren Orgeln oder das doppelt konische Salicional in den späten Instrumenten).

Im technischen Bereich ist es uns wichtig, zwar Ladegasts Stil zu verfolgen (z.B. die Gestaltung der Spieltisch- und der Balganlage), jedoch nicht auf moderne Möglichkeiten zu verzichten (wie erweiterte Tastenumfänge, Setzeranlage und zusätzliche Koppeln), solange sie nicht in das Ladegastsche Konzept eingreifen, sondern rein additiv sind. Auch die veränderten klimatischen Bedingungen, in denen heutige Orgeln stehen (beheizte Kirchen), müssen bei der Bauweise berücksichtigt werden. Nicht zuletzt war der eng begrenzte Platz zu beachten – die neue Empore durfte aus Denkmalgründen nicht groß werden, andererseits darf die neue Orgel nicht zu tief in den Turm hinein gebaut werden. Dies führte zu der Lösung, gleichartige Pedalregister, deren Pfeifen besonders viel Platz verbrauchen, als Extensionen anzulegen, den Principal- und den Trompetenbass im Pedal aus dem Hauptwerk zu transmittieren und die Registertraktur elektrisch zu bauen. Da es das Budget nicht zuließ, die aufwändigere Dreimanualigkeit zu bauen, die für fast alle Ladegastorgeln ab 31 Registern typisch ist, sind die Klangfarben des Ladegastschen Ober- und des Schwellwerks vereint zu einem großen schwellbaren Oberwerk.

Das neue Orgelgehäuse, das sichtbar modern ist, aber in Korrespondenz mit den Formen der gotischen Raumarchitektur steht, entwarf Architekt Peter Bering.

Jiří Kocourek, Künstlerischer Berater Hermann Eule Orgelbau Bautzen GmbH

Alle Bildrechte gehören

dem Hermann Eule Orgelbau.

Eule-Orgel Naestved, Dänemark

 

I. Hauptwerk (C-g′′′)

Principal 16′
Bordun 16′
Principal 8′
Flauto amabile 8′
Viola di Gamba 8′
Rohrflöte 8′
Octave 4′
Spitzflöte 4′
Quinte 2 2/3′
Octave 2′
Mixtur 4fach 2′
Cornett 2-4fach 2 2/3′
Trompete 8′

 

II. Schwellwerk C-g′′′

Liebl. Gedeckt 16′
Geigenprincipal 8′
Salicional (doppelt konisch) 8′
Flauto traverso 8′
Doppelflöte 8′
Gedeckt 8′
Unda maris 8′ ab c°
Principal 4′
Fugara 4′
Zartflöte 4′
Nasard 2 2/3′
Waldflöte 2′
Progressio harm. 2-4fach 2′
Aeoline durchschlagend 16′
Clarinette durchschlagend 8′

 

Pedal (C-f′)

Untersatz 32′
Principalbass 16′ Transmission
Violonbass 16′
Subbass 16′ Extension
Octavbass 8′
Violoncello 8′ Extension
Bassflöte 8′ ab c° Extension
Nasard 5 1/3′
Octave 4′ Extension
Zartflöte 4′
Posaune 16′
Trompetenbass 8′

Extensionen mechanisch, Transmissionen elektrisch

 

Koppeln und Spielhilfen:

  • 3 Normalkoppeln (mech.)
  • Superkoppeln II-II, II-I, II-P (el.)
  • Subkoppeln II-II, II-I (el.)
  • Setzeranlage (System Eule)
  • Walze
  • Schwelltritt (Barker)
  • Kollektivtritt zum Fortepedal

 

Technische Daten:

  • Schleifladen, Spieltraktur samt Extensionen und Normalkoppeln mechanisch, Transmissionen, Oktavkoppeln und Registertraktur elektrisch
  • Stimmtonhöhe a′ = 440 Hertz bei 20° C, gleichstufig temperiert